Ich benutze Linux, weil...

Ich dachte, ich beantworte mal diese Frage. Obwohl sie mir keiner gestellt hat. Das ist schließlich gute Recht eines jeden Blog-Schreibers :) Mir ist selber nicht so ganz klar, warum ich Linux benutze, und vielleicht erfahre ich es so. Noch als Vorbemerkung: mit Linux meine ich hier nicht nur den Kernel, sondern GNU/Linux, also das gesamte Betriebssystem insgesamt – potentiell inklusive der Oberfläche und der Anwendungen. Allein diese Sichtweise beeinflußt natürlich schon einige der folgenden Argumente.

Freie Software
Ich glaube, die Tatsache, dass Linux prinzipiell freie Software ist, dass also jeder den Quellcode einsehen und modifizieren kann, beeinflusst mich zwar theoretisch, aber praktisch nicht wirklich. Auch wenn ich tatsächlich vorhabe, demnächst mal an einem Open-Source-Projekt mitzumachen, habe ich bis jetzt noch keine direkten Vorteile davon gehabt. Indirekte allerdings sehr wohl — dadurch, dass Projekte weiterverfolgt werden konnten, deren ursprüngliche Autoren keine Zeit oder nicht den Willen hatten weiterzumachen, oder einfach die Software einfach in eine andere Richtung entwickeln wollten, als andere.
Kostenlose Software
Dass Linux (der Kernel) kostenlos ist, ist eigentlich auch kein Argument. Man bekommt immer irgendwie ein Windows zu einem Computer dazu, das zwar nicht wirklich kostenlos ist, für alle praktischen Zwecke aber irgendwie schon. Außerdem würde ich auch als Student über die Uni Windows kostenlos bekommen. Trotzdem ist „kostenlose Software“ einer der Gründe, aber anders: Es gibt für Linux einfach sehr viel, sehr gute und kostenlose (sogar Open-Source-) Software, deren Äquivalent unter Windows nicht existiert oder nicht kostenlos wäre. Zugegebenermaßen wird das immer mehr entkräftet, da immer mehr Linux-Software nach Windows portiert wird — wie gerade zum Beispiel KDE. Ich werde demnächst mal einen Artikel über Software schreiben, die ich benutze, und bei der Gelegenheit mal schauen, was es davon inzwischen für Windows gibt.
Gute Software
Um es nochmal zu sagen, einer der Hauptgründe, oder vielleicht der Hauptgrund, Linux zu benutzen, ist für mich: gute Software. Ich schreibe demnächst darüber einen eigenen Artikel, aber dazu gehört zum Beispiel die prinzipielle Annahme, das alles über das Netzwerk möglich sein sollte, z.B. also die Existenz von SSH, NX und unison. Dazu gehört eine vernünftige Kommandozeile. Schließlich gehört dazu auch die Existenz von Dingen wie grep und diff auf der einen, und amarok und digikam auf der anderen Seite.
Dokumentation
Ja, Dokumentation. Nicht nur, dass die meisten Tools eine umfangreiche Kommandozeilen-Hilfe und eine ordentliche manpage haben: Auf den meisten Webseiten gibt es eine umfangreiche Dokumentation, am besten sogar noch als Wiki. Ansonsten helfen das Gentoo Wiki oder einfach Google immer weiter, sehr selten hat noch nie jemand dasselbe Problem gehabt. Und im Gegensatz zu Windows-Problemen landet man sehr selten auf Werbe- und Flash-überfrachteten Webseiten mit wenig und unklarer Information, oder mit Verweisen auf dubiose Shareware-Tools.
Reaktionsverhalten
Ich denke nicht, dass Stabilität heutzutage noch ein großes Problem ist. Früher waren alle von Linux so begeistert, weil es im Gegensatz zu Windows nicht ständig abgestürzt ist, wenn ein einzelnes Programm abgestürzt war (oder auch so!). Dafür hatte Linux früher seine eigenen Tücken, wo der X-Server eingefroren war, das System zwar weiterhin tadellos lief, aber man nur über eine SSH-Konsole irgendwas tun konnte, weil die Tastatur auch nicht mehr angesprochen hat. Ich denke, dass Stabilität heutzutage bei beiden Betriebssystemen eigentlich kein Problem mehr ist. Was ich bei Linux als extremen Vorteil sehe, ist, dass es selbst unter hoher Belastung weiter reagiert. Und zwar unter wirklich hoher Belastung, abgesehen von knappem Speicher. Damit hat selbst Linux heute noch Probleme. Windows reagiert dahingegen meist eher schleppend, sobald mehrere Programme laufen und arbeiten. Mir ist klar, dass das eine Prioriäten-Frage ist, aber ich mag es, wenn ich immer eingreifen kann, und während des Wartens etwas anderes tun kann.
Transparenz
Transparenz ist für mich zweischichtig. Erstens habe ich den Eindruck, dass zumindest bei den Systemkomponenten die Konfiguration wesentlich transparenter verläuft als unter Windows. Das mag aber auch mit Gentoo zusammenhängen. Für jede Systemkomponente gibt es üblicherweise genau eine, ordentlich kommentierte Textdatei, in der man alle Einstellungen vornehmen kann. Zugegebenermaßen ist das für GUI-Programme nicht immer so transparent, aber üblicherweise doch ausführlich erklärt. Die andere Seite der Transparenz ist die Fehlermeldungs-Transparenz. Ich habe eigentlich noch nie einen Fehler mit nur einer kryptischen Hex-Nummer und keinen weiteren Informationen bekommen, sondern meistens eine ziemlich deutliche Erklärung, was passiert ist. Wenn die Erklärung nicht deutlich genug war, kann man normalerweise danach googeln, oder vorher besser noch zusätzlichen Debug-Output anfordern. Meist hat dann jemand dasselbe Problem schon gelöst, und 5 min später funktioniert alles.
Softwareinstallation
Jetzt werden einige sagen: Was, aber unter Windows kann ich doch einfach alles herunterladen? Ja, schon, aber in einer Konsole emerge paketname eingeben funktioniert auch, lädt automatisch alles herunter und konfiguriert sogar normalerweise schon das allermeiste. Zusätzlich kann man dann sicher sein, dass das Paket richtig in den Rest des Systems integriert wird, und normalerweise einfach funktioniert. Außerdem werden die Pakete (zumindest fast) rückstandsfrei entfernt, was man unter Windows üblicherweise nicht behaupten kann.

Zusammenfassend ist das jetzt doch mehr ein Plädoyer für Linux geworden — aber schließlich benutze ich es ja auch, und ziehe es Windows vor, also sollte ich ja auch dafür sein. Was ihr jetzt damit macht, ist eure Sache.